Etappe 11: Rotstockhütte – Kandersteg

Etappe 11: Rotstockhütte – Kandersteg

Königsetappe…

In der Nacht hatte es nochmals ein wenig geschneit und daher war morgens beim aus dem Fenster Schauen alles weiß. Das Zweite, was man beobachten konnte, waren blauer Himmel und Sonnenschein, die hin und wieder durch den Morgennebel hindurchblitzten. Da ich mit Abstand die längste Tagesetappe vor mir hatte, wurde ich von den anderen 2er Gruppen auserwählt als Erster zu starten und doch bitte den Weg für die anderen sichtbar zu machen. Natürlich konnte ich das, bin ja noch nie in den Bergen durch Schnee gelaufen.

So weit, so gut. Am Anfang verlief alles nach Plan, der Weg war gut sichtbar und die Kühe hatten den Weg noch schön frei von Schnee gemacht. Als die Hütte aber außer Sichtweite war, verlor ich auch schon die Spur aus den Augen. Die strahlende Sonne, die mich ein wenig schneeblind machte, half da auch nicht. Flugs auf der App nachgesehen, wo der Weg denn sein müsste und schon war ich wieder auf dem Weg. An dieser Stelle muss ich mich selbst loben dafür, dass ich nicht mit kurzer, sondern langer Hose losgegangen war, sonst hätte ich vermutlich noch viel mehr Schnee in den Schuhen gehabt.

Die etwa 15cm Neuschnee machten alles zu einer weißen Landschaft, ohne dass man wusste, was darunter war. Nur an den leichten Wölbungen konnte man erahnen, dass dort eventuell der Weg verlief. Ich dachte öfter darüber nach, ob ich es jemals auch nur in Erwägung gezogen hätte, diese Stellen zu betreten, wenn kein Schnee liegen würde.

Richtung Sefinenfurgge wurde es dann immer steiler, jedoch konnte man hier und da den roten Streifen der Markierung aufblitzen sehen. Immer, wenn ich an einem vorbeiging, versuchte ich, ihn so gut wie möglich sichtbar zu machen, auch wenn die Nachkommenden eigentlich nur meiner Spur zu folgen brauchten. Nach einer Zeit war ich dann endlich auch über dem Nebel und hatte endlich einen herrlichen Ausblick. Fast schmolz ich genauso dahin wie der Schnee in meinen Schuhen. An der Sefinenfugge machte ich kurz halt, um meine Beine ein wenig auszuschütteln. Es war doch anstrengender als gedacht, durch den Schnee zu stapfen.

Dabei fing der Spaß erst an, denn wer nach oben geht, muss auch leider irgendwie wieder runter. Die Stufen, die auf der anderen Seite hinunterführten, waren voller Schnee und die Seile zum Festhalten eingeschneit. Als guter Spurenleger versuchte ich noch, die ersten Stiegen freizuräumen, bemerkte aber dann, dass es sicher um die 150 Stufen waren, und stieg folglich nur mehr so bergab. Am Ende der Stufen angekommen, stand ich vor einem weißen Feld, ohne auch nur einen Anhaltspunkt zu haben, wie es weitergehen konnte. Ich befragte wieder die App und machte einfach blind ein paar Schritte in die vorgegebene Richtung. Ein wenig Schiss hatte ich schon, muss ich zugeben, aber ich fand den Weg dann relativ flott und wurde folglich immer souveräner, was das Bergabgehen im Neuschnee anbelangte. Irgendwann ignorierte ich den Schnee einfach und ging mein gewohntes Tempo den Weg hinunter. Entgegen kam mir übrigens niemand.

Wie auch die letzten Tage war ab der 2000m-Marke der Schnee wieder verschwunden und ich marschierte einen langen Schotterweg entlang. Ich kam an kleinen Ziegen und Kühen vorbei und war schließlich recht flott in Griesalp angekommen, wo ich mir meine Stempel holte.

Nach einem kleinen Snack machte ich mich aber schon wieder auf den Weg zum zweiten und längeren Aufstieg des Tages in Richtung Hohtürli. Anfangs noch durch einen Wald, ging es dann über eine Alm und immer weiter in Richtung hinauf. Ein netter Mann, der scheinbar allen, die vorbeigehen, das Türl zur Kuhweide aufhält, fragte mich, wo es heute noch hingehe, und staunte nicht schlecht, als ich ihm Kandersteg nannte.

Der Aufstieg selbst war ziemlich straight forward. Andauernde Serpentinen, mal länger, mal kürzer, mehrere kleine Pausen, um zu trinken, und dann auch wieder Schnee. Wer kennt ihn nicht, den grindigen braunen Gatsch-Schnee, in den keiner hineinsteigen will. Solcher lag leider auf weiten Passagen der Strecke. Ich war froh, meine Stöcke in der Hand zu haben, sonst wäre ich sicher ein paar Mal hingefallen.

Die letzten Meter waren dann mit Treppen versehen, die großteils schneefrei waren, da sie durch einen überhängenden Felsen geschützt waren. Oben angekommen drehte der Nebel eine kleine Runde und war bald wieder verschwunden. Ich genoss die Sonne und den Ausblick für eine Weile, bevor ich mich wieder an den Abstieg und auf den Weg zur Unterkunft machte.

Der Abstieg stellte sich weitaus nervenaufreibender dar, als ich mir das vorgestellt hatte. Der Weg war voller Eis und ich hatte nicht nur einen fast Ausrutscher. Immerhin war der Pfad schon vorgegeben und man konnte auch trotz Nebel gut erkennen, wohin es als Nächstes ging. Nach einiger Zeit hatte ich den Bogen heraußen und mit dem richtigen Stockeinsatz wedelte ich den Hang hinunter. Sobald der Schnee weg war, ging es einen Schotterweg entlang, der hin und wieder mit größeren Steinen durchzogen war, wo es ein bisschen zu klettern gab.

Und dann. Ja, dann kam ich zum Oeschinensee. Auf der Hütte hatten sie mir einiges darüber erzählt, aber in natura war er noch 100mal schöner als in meiner Vorstellung. Umgeben von riesigen Bergen, mit Wasserfällen und einigen kleinen Bächen, die hinzuflossen. Einfach nur schön. Ich hielt mehrmals kurz inne, wenn ich aus einer anderen Perspektive auf den See schauen konnte und genoss den massiven Anblick. – Vielleicht war es auch deshalb, weil meine Fußsohlen die ersten Ermüdungserscheinungen zeigten. –

Eigentlich wollte ich nicht gehen, aber eigentlich war ich todmüde nach den 4500 Höhenmetern des Tages und wollte meine wohlverdiente Dusche und mein Lagerbett. Darum marschierte ich der untergehenden Sonne entgegen nach Kandersteg und kam nach etwa 10 Stunden an meinem Ziel an. Fertig, aber happy. Allein für diesen Tag hatte sich der bisherige Weg gelohnt und das Wetter soll ja auch halten bis zum Ende.

Hard Facts:

  • Strecke: 25,7
  • Aufstieg: 1.965 m
  • Abstieg: 2.543 m
  • Höchster Punkt: 2.778 m
  • Niedrigster Punkt: 1.172 m

Griaß eich!

P.S.: Hier geht´s zu den Fotos!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.